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Streckenflug Nr. 2001/09:

Hirzenhain - Meinerzhagen - Mengeringshausen - Homberg/Ohm - Hirzenhain

oder: Deep and fast

Diese Story beginnt ein bißchen vor dem Flug, etwa eine Woche: In Hirzenhain fanden vom 23. Juli bis 4. August 2001 die Südwestdeutschen Bezirksmeisterschaften der Block- und Doppelsitzerklasse statt. An diesen nahmen unter anderem Turhan Kunt und Walter Neugebauer-Ulrich im Duo Discus D-2502 "RP" teil, sowie Roswitha "Rosi" Ulrich in ihrer LS4 D-4670 "U" und Josef "Sepp" Roth in seiner ASW 15 "HE". Sepp stammt aus Landau, arbeitete eine Zeit lang in Mainz und war, während dieser Zeit Fluglehrer in unserem Verein. Mit dem Entschluß, Grundschulpädagogik zu studieren, zog er nach Freiburg, wo er zur Zeit in der Akaflieg seinem Hobby nachgeht.

Um mir die Sache, aus einem gewissen professionellen Interesse heraus, denn ich war zusammen mit Christoph Schneider Auswerter der Landesmeisterschaften in Mainz im vorangegan Jahr, fuhr ich am Donnerstag den 26. Juli zu meinen Großeltern, die etwa eine halbe Stunde von Hirzenhain entfernt wohnen, um dort bis zum Samstag dem 28. Juli, dem 86. Geburtstag meines Opas zu bleiben. Freitag war gleich spannend: Ich hatte mir vorgenommen, Erhard Bingenheimer, der Rückholer für die RP war, zu unterstützen, falls er gebraucht würde. Und die Aufgabe roch geradezu danach: 503 km für die Doppelsitzer. Turhan flog an diesem Tage mit seiner Frau Iris, während Walter für seine Frau Rückholer war. Tatsächlich kam die RP dann abends als letzte wieder am Flugplatz an, war aber rumgekommen. Der gemütliche Teil des Tages konnte beginnen...

Samstag war dann Familientag angesagt. Aufgrund der vielen Cirren am Himmel nahm ich dann auch an, es werde auf der Meisterschaft gar nicht geflogen. Am Segelfluggelände in direkter Nachbarschaft meiner Großeltern, der Aßlarer Hütte, war keine Aktivität auszumachen. Aus schierer Neugierde rief ich kurz vor dem Kaffeetrinken Iris an, um die Lage zu ergründen. Das Gespräch führte zu mehreren Erkenntnissen:

  1. Es war Blauthermik.
  2. Man flog doch.
  3. Turhan und Walter flogen noch.
  4. Sepp nicht mehr.
  5. Seine Eltern, die seine Rückholer waren, sind am Morgen abgereist.
  6. Westernbödefeld liegt zwischen Bad Berleburg und Meschede, im tiefsten Sauerland.

Die Summe dieser Erkenntnisse veranlaßte mich dann doch, das Kaffeetrinken zu beschleunigen, der anwesenden Verwandt- und Bekanntschaft den Eintritt einer Notlage zu erklären, und den Golf schleunigst, wenn auch nicht ohne dringend notwendigen Tankstop in Dillenburg, nach HiHai zu jagen. Dort erfuhr ich dann, daß Westernbödefeld wirklich existiert man mich nicht mit der Sesamstraße verarschen wollte, und wo genau auf der Karte man es findet. Da mein Führerschein zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Klasse "BE" enthielt und ich mir über die Gewichtsverhältnisse von Josefs Golf und seinem Hänger nicht ganz im Klaren war, beschloß ich, lieber den meinen (Golf, nicht Hänger) zu nehmen. Das machte zwar das Umladen einiger Ausrüstung, wie unter anderem der enorm wichtigen Flächenstütze, notwendig, war ich Sepp aber schuldig, da er mich zwei Jahre zuvor von meinem Fünfzig-Kilometer-Flug auch mit seinem Wagen geholt hat. (Daß bei diesem dann bei Fischbach der Kühler geplatzt ist, er zusammen mit Fabian und mir einen lustigen Abend bei McDonald's verbracht hat, während auf der Autobahn einem zweiten Hänger in derselben Richtung der Reifen geplatzt ist, ist eine ganz andere Geschichte.)

Nach kurzer Zeit sprang mir der Hänger dann hinterher und nach ins Sauerland. Spätestens ab Bad Laasphe mußte ich feststellen, daß die Angabe "im tiefsten Sauerland" durch "im höchsten" zu ersetzen war, und daß der 75 PS-Motor im Golf III wirklich nicht gerade ein Drehmoment-Wunder darstellt. So wurde die Anzeige der Kühlwasser-Temperatur zu meinem Lieblingsinstrument im Amarturenbrett, schwankte sie doch so lustig zwischen 65 und 95°C, jeweils ob es gerade in einem niedrigen Gang bergauf, oder mit viel Fahrtwind durch den Kühler bergab ging. Mit einem unsagbar schlechten Schnitt legte ich die 95 km bis zur als Landeort angegebenen Restmülldeponie zurück. Vor dieser angekommen erklärte mir dann Sepp telefonisch, daß er auf der anderen Seite derselben läge und mich gerade in der Nähe habe vorbeifahren sehen. In diesem Moment mußte ich dem Hochsauerland-Kreis für die Steuergelder danken, die er in die überaus üppige Anlage der Zufahrt zur Deponie investiert hat, um mir ein bequemes Wenden mit Hänger zu ermöglichen. Einen Feldweg weiter sehe ich dann auch das Seitenleitwerk der HE hinter der Deponie hervorragen.

Sepps Landeacker war hervorragend ausgesucht: direkt neben einem asphaltierten Feldweg, auf einem Acker, der noch fester als der Weg zu sein schien und sich mit dem Gespann ohne Probleme befahren ließ. In wenigen Minuten war, vom Sonnenuntergang beschienen, der Clubklasse-Flieger im Hänger verstaut, und wir wieder auf den Straßen des Sauerlandes unterwegs, gen Hirzenhain, wo wir gegen 22:00 wieder eintrafen. Nach einer kurzen  Nachbereitung  der Ereignisse jagte ich dann meinen Golf wieder über die Autobahn nach hause, diesmal ohne Hänger, um Sonntagmorgen um neun in Mainz auf dem Flugplatz stehen zu können.

169719 BytesWird fortgesetzt...

Fotos: leider keine, da ich den Film falsch in die Kamera meines Opas, eine hinterhältige Leica CL, eingelegt hatte. Wird nicht wieder vorkommen.


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