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Streckenflug Nr. 2001/02:

Mainz - Kell - Schweighofen - fast Mainz

oder: Ein fast perfektes 300er-Dreieck

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210174 BytesNächster Anlauf: Das Wetter sah an diesem Freitag, dem 25. Mai 2001, einem Brückentag, wiederum nicht schlecht aus - diesmal sogar mit mehr Sichtweite, so um 35 km, und höhrerer Basis bei über 2000 m - und das geplante 300er-Dreieck vom vergangenen Sonntag sollte zu schaffen sein. Wiederum wollten wir im Team fliegen, diesmal mit Andreas Zind in der LS3-a D-4575 "SA" des Vereins und Gordon Wambach in seinem Ventus bT D-KIEM "EM".

Andreas startete zuerst und bemühte sich, den "Deckel" über uns Richtung Westen zu verlassen. Ich kam hinterher und traf ihn knapp hinter Pferdsfeld. Gordon war leider schon zu diesem Zeitpunkt verlorengegangen. Der Schenkel lief recht gut, nur gegen Kell hin war das Steigen schwach und die Bärte nicht rund, was mich zu forciertem Vorfliegen veranlaßte, währenddessen ich auch Andreas verlor, der doch etwas vorsichtiger vorging. Während des Kurbelns zurück auf 1800 m nahe Kell sah ich ihn noch mal kurz und dann lange Zeit nicht mehr.

Kurz hinter der Wende erreichte ich dann auch wieder 2000 m und unterschritt diese Höhe bis zum Pfälzer Wald nicht um mehr als 500 m. Mit 2100 m bei Pirmasens war die Überquerung des Waldes, der quasi komplett unlandbar ist, kein Problem mehr.

Das Problem kam erst dahinter: Das Rheintal war, von sehr wenigen, sehr flachen Cumuli abgesehen, blau und, wie ich während des Abgleitens in Richtung Wende feststellen mußte, so gut wie tot. Nach Umrunden von Schweighofen machte ich also sofort kehrt um zurück über den Wald zu kommen, wo vor Minuten noch beeindruckende Quellungen gestanden hatten. Die waren zwar auch noch da, aber ihre östlichsten Vertreter hatten sich verabschiedet und nur noch Fetzen hinterlassen. An die westlichen ranzukommen war aus der aktuellen Höhe und im Angesicht des Geländes nicht mehr möglich. Während ich an der Waldkante doch noch schwaches Steigen finde, das immerhin wieder auf 1750 m trägt, ruft mich Andreas im Funk, schon sehr schwach: er lande jetzt in Lachen-Speyerdorf. Er war von Kell aus nördlicher geblieben, hatte Kaiserslautern überflogen und schaffte es jetzt das Rheintal hinauf nicht mehr nach hause. Entsprechend sahen natürlich bei nüchterner Betrachtung auch meine Aussichten aus, nach hause zu kommen: 100 km noch zu fliegen, westlich des Kurses der Pfälzer Wald mit schwachem Steigen, östlich das tote Rheintal. Das Wiedersehen mit den freundlichen Landauern erschien nahe.

Ich flog die Waldkante entlang noch Norden zur nächsten, flachen Quellung über einem Steinbruch querab Landau, über dem ich eine halbe Stunde brauche, um von 900 wieder auf 1700 m zu kommen. Das reichte immerhin theoretisch, um nach Lachen-Speyerdorf zu kommen. Das zu erwartende Wiedersehen fände also nicht mit den Landauern, sondern mit Andreas statt. Schon wieder erwischte ich in einem Bart kurz vor der Stadt aber die Möglichkeit, Höhe zu tanken, diesmal bis auf 1800 m, zusammen mit mehreren anderen Maschinen. Nächstes Etappenziel war damit Bad Dürkheim geworden, Andreas würde ohne mich auskommen müssen. Sehen konnte ich ihn, bzw. die LS3 dann aber querab des Flugplatzes. Der Bart, den ich dann, natürlich wieder kurz vor Bad Dürkheim, fand, trug sogar auf 1900 m und ich begann mich langsam mit dem Gedanken anzufreunden, es doch noch bis nach Mainz zurück zu schaffen. Vorerst sollte aber Grünstadt mein Ziel sein, was die Rückholtour schon angenehm kurz gestaltet hätte.

Just über dem Quirnheimer Berg trug dann schwaches Steigen wieder auf 1700 m, was überschlägig ein Heimkommen ermöglichen sollte. Das LX4000 und damit meine automatisierte Endanflugsberechnung hatte mich natürlich schon lange mal wieder verlassen gehabt. Mit Hilfe der Groundspeed-Anzeige des Volksloggers konnte ich dann eine Gegenwindkomponente von 12 bis 15 km/h schätzen. Das hätte die Sache, meiner groben Rechnung nach, zwar knapp, aber möglich gemacht. Kurz hinter Grünstadt riß mich dann ein Saufloch mit sechs Metern pro Sekunde nach unten, was glatt zweihundert Meter Höhe kostete. Kurz vor Alzey beschleunigte ich dann, um Höhe in Fahrt umzusetzen, damit ich unterhalb von 5000 ft, der an diesem Tag freigegebenen Obergrenze der Segleflugsektoren Alzey und Bingen, blieb. Über Alzey zurück auf Normalfahrt, die Schule an einem schulfreien Tag sehen müssend, machte ich dann den entscheidenden Fehler, indem ich in schwächstem Steigen, das sofort in starkes Fallen überging, zu kreisen versuchte. Das kostete in einem einzigen Kreis hundert Meter. Als ich meinen Wohnort überflog, konnte ich unser Haus schon verdächtig gut erkennen und entschloß mich, bei nächster Gelegenheit in einem Tal zu landen. Über Saulheim erschien es dann zu hoch, über Stadecken war sogar gebremstes Fallen. Der Hang bei Essenheim trug zu meiner großen Freude noch ein wenig, so daß es nach Mainz wieder gereicht hätte, aber nur um das Saufen über dem Plateau auszugleichen, wie ich dann feststellen mußte. Nachdem ich auch bei mehrmaligem Rufen vom Segelflugstart keinen aktuellen Wind bekam, entschloß ich mich, einen ausgesuchten Acker bei Essenheim einem zufälligen Obstbaum vor dem Flugplatzzaun vorzuziehen.

Rosi, mit der Familien-LS4 D-4670 "U" im sicheren Endanflug auf Mainz, und Turhan, mit dem Pelican D-MNRR in der Segelflugplatzrunde schulend, verfolgten die folgende Landung gespannt aus der Luft, Turhan sogar diese direkt überfliegend.

Ein schöner Acker in Nord-Süd-Richtung fand sich gleich, Fahrwerk raus, Kurve nach rechts in den Queranflug, Kurve links ins Endteil, Klappen raus, Feldweg knapp überfliegen, Ziellandung, fertig. War ja gar nicht so schwer. Der Blick nach draußen verrät meinem landwirtschaftlich ungeschulten Auge, daß ich es mit einem Rübenacker zu tun habe.

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Turhan kündigt an, meine Abholung zu veranlassen. Das ist auch gut so, wie ich mit einem Blick auf mein Telefon feststelle: ich hatte vergessen es abzuschalten, und das putzige kleine Stück Elektronik hat den ganzen Flug über verzweifelt mit hunderten von Umsetzern gleichzeitig zu kommunizieren versucht und dabei den Akku fast komplett leergesaugt. Sicher ist sicher, ich rufe Thomas, Chef des (schon bei meinem 50 km-Flug) bewährten "Team A" an, der mich auch gleich zu holen verspricht.

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Beim Aussteigen verursache ich erst mal Flurschaden, indem ich drei der noch kleinen Pflänzchen platttrete. Geschockt von diesem barbarischen Akt meiner selbst bewege ich mich entlang der Traktorfurche zum Betonweg, der an der Schwelle meiner "Piste" quer zurselben verläuft und danke dem Autofahrer, daß er angehalten hat, daß ich keine Hilfe brauche, daß er mich nicht zum Flugplatz fahren muß, und daß ich gleich abgeholt werde.

Zurück am Flugzeug und an der begehrten Brotdose entdecke ich ein zweites Fahrzeug, sich dem Acker nähernd und vor diesem anhaltend. Ich kehre wieder um, ohne Brötchen, um zu verhindern, daß die mutmaßlichen Schaulustigen noch mehr zertreten. Der Fahrer scheint sich aber auszukennen und kommt mir in der Furche entgegen. Auch ihn kann ich erfolgreich beruhigen. Zurück am Flugzeug gelingt es mir endlich, das Käsebrötchen zu verspeisen, was ich mir eigentlich in Kell vorgenommen hatte zu tun, sobald ich wieder auf 2000 m bin. Ein kurzer Blick aus dem Rumpf zurück zum Weg läßt keine weiteren Besucher erwarten und ich kann mir einen lange gehegten Traum zu erfüllen versuchen: ein Nickerchen in der LS4... Den Hut im von der Abendsonne beschienen Gesicht und den Funk gedämpft schließe ich die Augen, allerdings nur um kurz darauf Gordons Stimme zu hören: "Kannst Du uns schon sehen? Wir sind gleich da." - "Ja, ich kann euch sehen. Noch ein Stückchen weiter und dann rechts." Nix war's mit Schlafen. Schade.

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Gordon hatte sich als Gast zu Team A gesellt, vom heute nur Thomas da war. Vielleicht hätte ein weiteres Teammitglied dran gedacht, den Kuller mitzubringen... Zugegebenermaßen meine Schuld, da ich den Anhänger nicht richtig gepackt hatte. Darunter leiden mußte jetzt Gordon, der, meinen Gürtel um den Rumpf geschlungen, den Kuller ersetzen mußte. Der Transport des Flugzeugs zum Weg hinterlies wieder keine Spuren, da ich geschickt in einer Traktorfurche gelandet war, wie sich herausstellte. Einen Acker weiter südlich hätte ich eventuell entstandenen Schade sofort begleichen können, wie Gordon erzählt, da der seiner Oma gehört...

49422 BytesMit Abbauen auf dem Feldweg, dem Aufbauen auf dem Flugplatz, dem Waschen und dem letzen Abbauen des Tages endete dann dieses fast perfekte 300er-Dreieck nach 309 km, drei Kilometer südlich des Platzes in Richtung 005°. Der Flug bot dann gleich dreifach Anlaß zum feiern: das erste mal über 300 km Strecke, mein erster Fünfstundenflug und die erste Außenlandung außerhalb eines Flugplatzgeländes. Letztere war am morgen noch von Turhan als Bedingung genannt worden, den Duo Discus auf Strecke fliegen zu dürfen. Das sollte natürlich nicht ungenutzt bleiben...

Fotos: Dr. Thomas Heine, Stefan Spiesmacher


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